Eine Insel aus Stein und Eis

Ganz weit oben im Norden – fast auf dem Dach dieser Welt – erhebt sich eine Inselgruppe namens Svalbard aus dem arktischen Ozean. Es ist ein Land aus Stein und Eis, kein größeres Gewächs verirrt sich so weit Richtung Nordpol. Dafür streifen weiße Könige, die größten Landraubtiere dieser Erde, mit pelzigen Pranken über den Fels.

Svalbard ist ein Ort, an dem die Sonne entweder wochenlang am Himmel steht oder gar nicht zu sehen ist. Ein Ort, an dem der Weg von A nach B in den meisten Fällen übers Wasser führt und der ebenso kraftvoll wie zerbrechlich wirkt. Es ist ein Ort, der nicht von dieser Welt zu sein scheint und dabei gefühlt fast um die Ecke liegt. Das nördlichste Stück Europa, das Ziel einer ganz besonderen Reise.

Ich möchte euch nun von dieser Reise erzählen.

Wir durchbrechen die Wolkendecke um 3 Uhr Nachts bei strahlendem Sonnenschein.

Unter dem Dunst liegt eine Landebahn, deren Ende in den Wellen des Ozeans verschwindet. Wir sind das einzige Flugzeug weit und breit, was jedoch nicht an der nächtlichen Uhrzeit, sondern eher an der Abgeschiedenheit unseres Reisezieles liegt.

Die wenigen Menschen, die ihren Sommerurlaub auf dem 78. nördlichen Breitengrad verbringen, vermitteln mir das Gefühl, in eine Expedition ans Ende der Welt gestolpert zu sein. Eine Ansicht, die meine Navigations-App auf dem Handy nur unterstützt, in dem sie mich hier oben einfach gar nicht mehr unterstützt. Die Karte zeigt einen weißen Fleck, ich bin nun offiziell auf unbekanntem Boden unterwegs.

Nach einer kurzen und taghellen Nacht in der Hauptstadt Longyearbyen verlassen wir jedoch das letzte bisschen Zivilisation und steuern mit dem Boot eine Unterkunft an, die die nördlichsten Betten beherbergt, in denen Touristen weltweit schlafen können.

Wir werden begleitet von einer Gruppe Belugawale.

Die weißen Körper heben sich rechts und links von uns aus dem Wasser, während wir auf einen ebenso beeindruckenden Gletscher zusteuern. Unsere kleine, aber mehr als zauberhafte Lodge liegt unweit der Eismassen und schmiegt sich perfekt getarnt an den Fels. 5 Nächte werden wir hier verbringen, weit ab von Handynetz und städtischem Luxus; Außer uns nur eine Handvoll Menschen und die allumfassende arktische Stille.

Von der Lodge aus unternehmen wir abenteuerliche Wanderungen, die mich zwar körperlich herausfordern, mich aber auch mit traumhaften Ausblicken über Svalbards weite Landschaften belohnen. Landschaften, die im Übrigen gar nicht so karg sind, wie sie auf den ersten Blick erscheinen.

Überall sprießen Blümchen, Gräser und kleine Gewächse aus dem Geröll – Das Sommerkleid der Arktis.

Die erste richtige Nacht im hohen Norden endet unerwarteter Weise nach 2 kurzen Stunden. Ich werde vom lärmenden Getöse einer Bratpfannen-Trommel geweckt, begleitet von den lauten Rufen unserer Guides. Grund für diesen Tumult ist Svalbards König höchstpersönlich, der sich kurz zuvor an einer unbewachten Tüte Orangensaft ausgetobt hatte. Schlaftrunken greife ich nach dem Handy, um wenigstens ein Beweisfoto dieses großen Besuchs festhalten zu können.

Während ich diese Zeilen hier schreibe, fällt es mir immer noch schwer zu glauben, was für ein riesiges Glück wir hatten.

Viele Reisende verlassen Svalbard wieder, ohne auch nur einen entfernten Blick auf einen Eisbär erhascht zu haben und wir sind nichtmal 24 Stunden auf der Insel, als ebenjener direkt unter unserem Fenster steht.

Der nächste Tag wird jedoch nicht weniger spektakulär: Mit Eispickel, Helm und Spikes unter den Schuhen wagen wir uns an eine Gletscherwanderung.

Wieder eines dieser Dinge, die ich noch nie gemacht habe und wieder einer dieser Tage, an denen ich über mich hinaus wachse.

Nach 2 Tagen am nördlichen Ende der Welt, habe ich den Rest von ihr bereits vergessen.

Es gibt nur noch uns, die wunderschöne Landschaft und das Gefühl, einen wahren Kraftort gefunden zu haben.

Fortsetzung folgt …

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